Wintertage Januar 2015

25. Januar 2016 at 23:43

Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.32.26Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.25.43 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.33.51 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.28.36 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.27.27 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.26.29 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.28.10 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.31.16 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.33.02 Bildschirmfoto 2016-01-25 um 22.34.36

Silvestermond

31. Dezember 2015 at 14:25

Sylvestermond

Nordlicht

23. November 2015 at 21:38

IMG_3099

Manche sind gesandt, andere nur geschickt

13. Oktober 2014 at 14:08

In der Nähe meines Dorfes war in einem ehemaligen Steinbruch ein Kunst und Möbelmarkt, auf dem zwei meiner Freunde, ein Folk-Duo, auftraten.

Schön abseits gelegen im Wald wurden dort im wesentlichen Kunstgegenstände, Steinskuplturen und alte, oder zumindest auf alt getrimmte, Möbel angeboten. Und Kuchen, der sah gut aus.

Aber erst mal Suppe. Für Lauch/Hacksuppe hab ich eine Schwäche und die sah so richtig lecker selbst gemacht aus.

Ich bugsiere die etwas wacklige Plastikschale an einen der Stehtische und nehme den ersten Löffel. Leider bleibt ein Lauchstreifen so am Löffel hängen, dass ich mir das gesamte Kinn einsaue und mich tief über die Plastikschüssel beugen muss. Natürlich geht auch was daneben, auf die Tischplatte.

Ich hole mir mehrere Servietten, säubere erst mich, dann die nähere Umgebung.

Fertig, aber irgendwie steht die wacklige Suppentasse doch etwas zu nah am Rand des Tisches. Bloß nicht noch ein Drama. Ich will sie NUR ein kleines Stück weiter auf die Tischplatte schieben. Aber offenbar verstehe ich nicht genug vom Verhalten von Suppenkräften in beweglichen Schalen. Plötzlich ballen sich die Hack, Lauch und alle Inhaltsstoffe zu einer Art Wasserbombe, die volles Rohr auf mich losgeht.

Spätestens jetzt ist mir sogar die Aufmerksamkeit der Band sicher, die ihr Spiel einstellt und mir mit offenem Mund zuschaut. Die Suppe ist mir allen physikalischen Regeln zum Trotz von oben in die Jacke gelaufen und hat, während sie offenbar im Flug auch noch ihr Volumen verdoppeln konnte, den kompletten Tisch und den Fußboden geflutet. Besonders festlich kamen die Lauchstreifen in der Tannendeko. Ein Terrier leckte den Boden ab.

Immerhin: Den Tisch hab ich nicht umgeschmissen. Der war am Boden fixiert.

Als ich später noch ein Stück Kuchen hole, bekomme ich einen Porzellanteller. Auch der Kaffee, für mich im massiven Pott. Zuhause fand ich noch ein wenig Hack in meiner Hosentasche.

Lebensretter Malai Kofta

16. Juni 2014 at 11:50
Trotz der Entfernung ist das Taj Mahal im Hintergrund gut zu erkennen

Trotz der Entfernung ist das Taj Mahal im Hintergrund gut zu erkennen

1982/83 hab ich das erste Mal eine echte Fernreise angetreten und bin nach Indien und Nepal geflogen. Fliegen musste man schon, weil der bis dahin klassische Überland-Trip über Türkei, Persien, Afghanistan, Pakistan durch den Einmarsch der Russen, wie wir heute wissen, dem was dann folgte, wohl für immer Geschichte ist.

Für mich ne Riesennummer besonders, weil ich mich allein auf dien Weg gemacht habe. Das war eigentlich zuerst nicht meine Wunsch, aber in den beiden Jahren zuvor hatte ich immer mit Freunden was geplant, was sich dann aber immer in scheinbar logische Gründe auflöste, es nicht zu tun.

Das Bild wohl so Ende März 1983 aufgenommen, ziemlich am Ende des Trips im durch das Taj Mahal bekannten Agra, das man ja im Hintergrund erkennen kann. Der Mann neben mir ist der in England aufgewachsene Inder Feisal Ghani, den ich mit seinem deutschen Reisebegleiter im Hotel kennengelernt habe. Feisal war auch das erste Mal in Indien. Da ihn alle für einen Einheimischen hielten, war das manchmal zu komisch.

Wir sind hier in Fatehpur Sikri, ungefähr 40 Kilometer von Agra entfernt und eine der größten Fehlplanungen der damaligen Zeit. Denn als Großmogul Akbar 1571 einzog, stellte man fest, dass es in der Gegend zu wenig Wasser gab. Bereits 1585 zog man erneut um, nach Lahore.

Der Hintergrund warum die Stadt überhaupt gebaut wurde, ist eh etwas seltsam. Trotz seiner zahlreichen Frauen hatte Akbar lange Zeit keine Erben. Als ihm der in Sikri lebende Scheich Selim dennoch drei Söhne prophezeite und das auch eintraf, ließ der Großmogul dem Scheich zu Ehren Fatehpur Sikri bauen.

Auf der Rückfahrt hatten wir noch ein besonderes Erlebnis. Weil ich großen Hunger hatte und ein Restaurant am Wegesrand die überaus leckeren Malai Kofta (Mit indischem Käse gefüllt Gemüsebällchen in einer würzigen Soße) anbot, die es eher selten gab, wollte ich einen Bus später nehmen. Die Feisal und Rolf waren nicht begeistert, ließen sich aber überreden. Als wir mit dem nächsten Bus zurückfuhren, mussten wir feststellen, dass der andere Bus verunglückt war. Es gab mehrere Tote. Schlimme Bilder. Da hat mir mein Appetit vielleicht das Leben gerettet.

 

Lieblingsbilder: Rhumsiki, Kamerun

6. Januar 2014 at 00:46
Rhumsiki, Kamerun, 1993: Rhumsiki ist ein winziger Ort an der Grenze zwischen dem kamerun und Nigeria. Die bizzaren felsen sind so etwas wie eine touristenattraktion, wobei da wahrlich wenige unterwegs waren. es gab kaum Unterkünfte. © Volker Kleinophorst, Beckerberg 16, 21279 Wenzendorf, Germany

Rhumsiki, Kamerun, 1993: Rhumsiki ist ein winziger Ort an der Grenze zwischen dem Kamerun und Nigeria. Die bizarren Felsen sind so etwas wie eine Touristenattraktion, wobei da wahrlich wenige unterwegs waren. Es gab kaum Unterkünfte. Eine Attraktion war die gesamte Rundreise durch den Norden des Kamerun. Eine andere Welt. © Volker Kleinophorst, Beckerberg 16, 21279 Wenzendorf, Germany

Freitag, der 13te: Der Statistische Unglückstag

12. Dezember 2013 at 18:00

Die Furcht vor der 13, besonders in Verbindung mit einem Freitag, zählt zu den Klassikern des Aberglaubens und hat unseren Alltag durchdrungen. Dr. Heinrich Hemme, Professor für Physik an der Fachhochschule Aachen und vielfacher Buchautor zu mathematischen Rätseln und Knobeleien hat dem Unglückstag mit der Statistik auf den Zahn gefühlt.

Was ist so besonders am Freitag dem 13ten?

Prof. Hemme: Die meisten Menschen glauben, Freitage, die auf einen 13. fallen, seien eher selten. Genau das Gegenteil ist der Fall. Im Durchschnitt gibt es davon genau 1,72 pro Jahr. Ein Jahr ohne einen Freitag den 13. gibt es nicht. Am häufigsten hat man zwei pro Jahr. 2012 haben wir sogar drei, mehr geht nicht.

Wie kann das sein?

Prof. Hemme: Ich habe nachgezählt, wie oft der Freitag in den letzten 400 Jahren auf einen 13. gefallen ist. Das war 688 mal der Fall. Keine andere Kombination aus Wochentag und Tageszahl kommt häufiger vor. Diese ungleiche Verteilung ergibt sich durch die Schaltjahre und die unterschiedlichen Längen der Monate. Da sich unser Kalender alle 400 Jahre periodisch wiederholt, gilt diese Verteilung sowohl für zukünftige als auch weiter zurückliegende Zeiten.

Auch ohne Freitag den 13. ein Fiasko für en Maurer

Auch ohne Freitag den 13. ein Fiasko für den Maurer

Also ist etwas dran am Mythos vom Unglückstag?

Prof. Hemme: In gewisser Hinsicht ja. Der 13. fällt 0,6% häufiger auf einen Freitag als bespielweise auf einen Donnerstag oder Samstag, die es nur 684 mal gibt. Geht man von einer gleichmäßigen Verteilung von Unglücken über alle Wochentage aus, muss es an Freitag dem 13. mehr davon geben, da dieser Tag am häufigsten vorkommt.

Gibt es andere Statistiken, die das bestätigen?

Prof. Hemme: Auswertungen von Daten des statistischen Bundesamtes von Unfällen mit hohem Sachschaden bestätigten keine Unterschiede zwischen den Freitagen. Das erhärtet zumindest den Verdacht, dass es sich bei den Unfällen an einem Freitag den 13. nicht um schwere Unfälle handeln kann.

Auf der Suche nach dem Kick von Morgen

2. Dezember 2013 at 15:55

Anfang 1997 befragte ich verschiedene Firmen der Unterhaltungselektronik, was sie in der Zukunft an Innovationen erwarten. Erstaunlich: Fast alles gibt es heute längst.

Auf der Suche nach dem Kick von morgen.

Vor 40 Jahren war ein simpler Fernseher die Sensation in Deutschlands guter Stube. So
ein furniertes Monstrum, im Look möglichst abgestimmt auf die unvermeidliche
Musiktruhe. Vorne ein simpler Schalter: Ein/Aus.
Programmwahl: Erstes Deutsches Fernsehen. Der Name wies zwar schon auf ein
späteres Zweites, aber in Sicht war es noch nicht. Heinz Mägerlein, Wort zum Sonntag,
Ohnesorg Theater…. kaum sechs Stunden täglich. Mehr hätte man auch nicht ertragen,
auf den lächerlich kleinen Schwarzweiß-Schirmen – der Augen wegen. Diese alten Kisten
strahlten wie ein AKW.
Was hat man damals bloß den ganzen Tag gemacht? Ein privater Telefonanschluß war
exotisch, der Videorecorder nicht mal geboren, das Internet allenfalls angedacht.
Hausmusik war noch das gemeinsame Musizieren mit Vater und Mutter und ein Clip
etwas, womit sich Frauen die Haare hochsteckten.
Heute haben wir 30 Programme, Videospiele, Online-Anschluß, Digital-TV. Doch in den
nächsten 40 Jahren – oder sind es vielleicht nur 10 – wird uns, was heute modern ist,
ebenso archaisch vorkommen, wie die ersten TV-Geräte.
Um die Zukunft ein wenig greifbarer zu machen, haben wir uns umgehört und
zusammengestellt, was bei den großen Medien-Firmen am Horizont der technologischen
Entwicklung heraufdämmert. Halten Sie sich fest. Es ist ein ziemlicher Trip:
AT&T: Robert Kavner, Leiter Multimedia Produkte und Service
Während der kommenden 40 Jahre wird sich die Kommunikationstechnologie
dramatisch verändern. Unsere persönlichen Daten werden auf einer Karte
einprogrammiert sein, die man überall in Terminals einstecken kann. Mit der Karte wird
videofoniert, man weist sich aus und bezahlt, bestellt Filme, entriegelt die Haustür und
dirigiert Fernseher. Hologramme und künstliche Computerwelten (Virtual Reality)
werden einen großen Teil der Unterhaltung ausmachen. Wir können uns entscheiden, ein
Filmstar zu sein oder mit dem Dream-Team ein paar Körbe werfen. Wir sind voll dabei,
haben aber keinen Ball in der Hand, obwohl es sich so anfühlt. Wir machen unseren Wurf
und ein Mitspieler in London springt hoch zum Rebound. Heute hat man den
Datenhandschuh, vielleicht taucht man die Hand in 40 Jahren nur noch in eine Art
Flüssigkeit, um diesen Spaß zu erleben.
Panasonic Technologies: Ronald Richard, Vize-Präsident USA
Hochentwickelte Sprachsteuerung mit vielfältigen Erkennungs- und
Übersetzungsfunktionen wird in den nächsten 25 bis 30 Jahren in viele neue Produkte
eingebaut werden und so Verständigung und globales Miteinander verstärken. Man kann
sich einen italienischen oder japanischen TV-Kanal ansehen und versteht alles, durch
den eingebauten Übersetzungschip.
Sony Electronics: Yuki Nozoe, Chef Entertainment USA
In 40 Jahren werden wir echtes Breitwand-Fernsehen haben. Nicht wie ein Bild, die
Wand selbst wird der Bildschirm sein. Drücke einen Knopf und sie bietet einen
Fernsehschirm. Drücke einen anderen und du guckst hindurch, als wäre die Wand ein
Fenster. Noch ein Druck und da ist wieder die tapezierte Wand, ein Teil unseres
Zuhause.
Lucasfilm Ltd: Tomlinson Holman, Technischer Direktor
Um mit den immer ausgefeilteren Heim-Anlagen konkurrieren zu können, werden die
Filmtheater eine immer aufwendigere Technik bieten. Kinder, Popcorn, Billigfilme – das
läuft zu Hause. Im Kino hat man Service, Kinderbeaufsichtigung, Saft- und Alkohol-Bars
und die absolute state-of-the-Art Filmvorführung. Die Bildschirme werden viel klarer und
präziser sein. Durch die digitale Technik wird man dazu in der Lage sein, bereits
existierendes Material von Spratzern und Tonmängel zu befreien. Ich denke, man wird
mit Flüssigkristallschirmen arbeiten und die Filme werden über Satellit in die Theater
einspielen.
IBM: M. Bernard Puckett, ehemaliger Senior Vize Präsident Firmenstrategie und
Produktentwicklung
In der Zukunft erfreuen wir uns an der erregenden Welt der Interaktivität. Nehmen wir
an, sie wollen ihre Nicht sehen. Sie sagen es ihrem Bildschirm-Modul und sie erscheint in
ihrem Wohnzimmer – dreidimensional. Wir werden zuhause Filmpremiere erleben und im
Film mitspielen. So haben wir am Schluß einen anderen Film als unser Nachbar.
Knight-Ridder Zeitungen: Roger Fidler, Direktor Neue Medien
Gedruckte Zeitungen wird es nicht mehr geben. Die Nachrichten kriegt man auf einem
kreditkartengroßen Memory-Chip gespielt, sieht sie sich auf ultraleichten Magazin-
Tablets an. Das Display wird ebenso klar und kontrastreich sein wie bedrucktes Papier,
aber Möglichkeiten wie Video-Einspielung, animierte Grafik und Ton bieten. Der
Zeitungskiosk der Zukunft ist eine digitale Überspielstation, die mir – auf meinen
persönlichen Zugangscode hin – überall meine aktuelle, individuelle Zeitung auflädt,
natürlich auch über meinem Terminal daheim.
Microsoft: Nathan Myhrvold, Senior Vize Präsident fortgeschrittene Technologie
Die Art Filme zu machen, wird sich total verändern. Schauspieler verleihen ihr Abbild für
Computerfilm-Produktionen. Weil Computerleistung spottbillig ist, wird alles
computerisiert sein von der Glühbirne bis zu Wänden und Fußboden.
Industrial Light and Magic: Jim Morris, Vize Präsident und Geschäftsleitung
Wenn man die Nuancen und Gefühlsregungen von lebendigen Schauspielern sieht, denke
ich nicht, daß Computer sie ersetzen können. Aber es werden alle möglichen und
unmöglichen virtuelle Charaktere machbar- wie die Dinos in Jurassic Park – die mit den
Schauspielern auf dreidimensionalen Sets agieren. Umgebung, Situationen werden im
Computer entstehen.
Thomson Consumer Electronics: Joseph Clayton, geschäftsführender Vize-Präsident,
Marketing und Verkauf
Unterhaltung und Shopping wird rund um die Uhr möglich sein. Das Fernsehen wird zu
einer Art Unterhaltungs-Butler, der uns Dinge anbietet, von denen er meint, es würde
Sie interessieren. Natürlich wird der elektronische Butler auch die Beleuchtung,
Vorhänge, Küche und das Sprinkler-System steuern. Vielleicht wird er noch nicht den
Rasen mähen, aber wer weiß, vielleicht kriegen wir das auch noch hin.
Alles wird sicherlich nicht eintreffen, zumindest nicht genau so. Irrtum ist schließlich der
Zwillingsbruder der Vorhersage. So irrte auch 1967 der amerikanische Zukunftsforscher
Herman Kahn mit seiner Prophezeiung, am Ende des 20ten Jahrhunderts werden fast
alle Anwendungsmöglichkeiten der Holographie verwirklicht sein. Nicht ganz, muß man
heute sagen – aber ein gutes Stück weiter, ist man schon. Denken Sie nur an den
Walkman. Der war vor 20 Jahren noch völlig utopisch und wird heute als Billigprodukt
an jeder Supermarktkasse verramscht. So schnell kann aus morgen gestern werden.
© Volker Kleinophorst 2/97

Die Kunst, Grau zu lieben

15. Oktober 2013 at 10:25

Der Norden gilt als düster: Rauhes Wetter, lange Winter, kurze Tage und viel Nebel sind nicht jedermanns Sache. Wer sich aber nicht schrecken läßt, wer in der richtigen Kleidung das Land hinter den Deichen erwandert, der verliert leicht sein Herz an das seltsame Licht des Nordens.

Alles grau! Wenn ich das schon höre: Das Grau des Nordens fächert sich auf in eine breite Palette zwischen Tümpelschwarz und dem Greisenweiß der Morgennebel. Umgesetzt wird dieses Repertoire in hohe Wolkenfladen von kontinentalen Ausmaßen, herangepeitscht von nassen, salzigen Seewinden; in kalte Nebelbänke, die im Winterhalbjahr monatelang  die gesamte Region regelrecht ummanteln; in kurze Tage, die eigentlich nur aus einer langen Dämmerung so um die Mittagszeit bestehen. Nicht zu vergessen der feine Nieselregen – schon mehr eine besonders niedrige Verdichtung von Wasser, die man erstaunlicherweise atmen kann – der gern tage- und wochenlang herabsinkt und sogar das Licht der Autoscheinwerfer zu verschlucken droht. Auf  diesem Urgrund aus Schattenschattierungen tanzen die kreativsten aller Irrlichter brilliante Miniaturen – und oft wird ein kurzer, grauer Wintertag am Ende überraschend mit einem messinggelben Horizont gesäumt, als hätte sich die Himmelstür mal eben einen Spalt geöffnet: Dieses Licht – man fühlt es – fällt aus einer anderen Welt!

Und was ist Grau letztlich anderes, als der jeweilige Zwischenstand des ewigen Kampfes zwischen Schwarz und Weiß, Hell und Dunkel, zwischen den Lebensfeuern der Sonne und dem finsteren Sog Schwarzer Löcher, zwischen Tag und Nacht? Liegt es vielleicht am Grau – welches die funkelnden Kämpfe des Lichtes zu in stumpfen Samt gebetteten Kleinoden macht – daß die Menschen des Nordens nicht so schnell auf dem Tisch tanzen, wie die des Südens? Daß sie gern redselig wie ein Dorsch sind und lieber mit dem sogenannten „Meerblick“ hinter den Horizont gucken? Ist das Grau so eine Mutterkuchen für Philosophen, das angemessene Ambiente einer Brutstätte tiefer, nutzloser Nachdenklichkeit? Für „Spökenkiekerei“? Welch andere Sprache als das norddeutsche Platt hätte ein ebenso gruftiges und dabei liebevoll-ironisches Wort für geistige Grenzgänge hervorgebracht, für Ausflüge zur „Weißen Frau“ im Moor und sonstigen Untoten?

Die Fischreiher sind die farbliche Essenz Norddeutschlands – wer sie entdeckt hat, weiß was Sache ist. Aber diese gespenstischen Gesellen, die wie reglose Klappschirme irgendwo am Ufer in den Binsen zu stecken scheinen, zeigen sich nicht jedem. Es ist, als spürten sie den Blick des Menschen – schon sind sie in der Luft, ziehen mit schwerem Flügelschlag und offensichtlich verstimmt davon. Wie Luftaufklärer des „Fliegenden Holländers“ sehen sie dann aus.

Mein Blick für sie hat sich geschärft, längst entdecke ich die menschenscheuen Fischer aus einer Entfernung, die weiter ist, als ihre Fluchtdistanz. Fernglas an die Augen: Eher fallen einem die Arme ab, als daß der graue Bursche da in seiner Nebelschwade auch nur blinzelt.

Wer schließlich soweit ist, daß er mit den Reihern an einem windigen Abend auf Fischlein oder Maus wartet, der mag sie schon, die Farben des Nordens, hat sie sich zu Fuß oder per Rad erobert – wurde von ihnen verzaubert während einer Autofahrt durch nicht enden wollendes Abendlicht in einen Breitwand-Horizont mit Lightshow. Denn in diese Landschaft – die so platt ist, daß man mittwochs schon sieht, wer samstags auf einen Köhm reinschaut – hat die Sonne schon immer die subtileren ihrer Strahlenkinder geschickt, hier ist die Hohe Schule des Lichts zuhause.

Was dem Andalusier der Flamenco, das ist dem Norddeutschen sein Blick in den Nebel: Ausdruck lokaler Seelenverfassung – analog zur jährlichen Niederschlagsmenge. Und man sollte beides nicht gering schätzen. Auf einem dieser – von alten, knorrigen Kopfweiden und schwärzlichen Erlenpulks gesäumten – Wirtschaftswege irgendwo im Grünland traf ich unlängst bei respektablem Wetter einen neuen Fan des grauen Nordwetters. Ich erkannte das „Greenhorn“ an der ladenneuen, gelben Öljacke – landläufig auch „Friesennerz“ genannt – und der Art, wie er bei Gehen sein Gesicht dem Nieselregen entgegenreckte, als küsse ihn ein bleicher Engel. Ich drängte ihm ein Gespräch auf: „Herrliches Wetter, was?“ „Oh ja, so intensiv“, sprach er aus tiefstem Herzen, blieb stehen und guckte mir etwas manisch in die Augen. „Das hat mir ja so gefehlt!“ Ein Seufzer, als sei er gerade der Kriegsgefangenschaft entronnen.

Es war jedoch ein Spanienurlaub gewesen, der ihm die Augen für die erfrischenden Witterungsbedingungen seiner Heimat geöffnet hatte. Wie er in der ersten Woche am sonnigen Gestade noch in den wilden Farben unterm großen, erbarmungslos blauen Brennglas geschwelgt habe, resümierte er, ihm aber dann dieses ewig gleiche Licht zunehmend unerträglich geworden sei, wie ihm das gelbe Gestein, das blaue Meer und vor allem der allgegenwärtige Flamenco schließlich nur noch an den Nerven fraßen: Nicht einmal richtige Sonnenuntergänge gibt es da“, nörgelte er, „eben noch sengt es einem die Häärchen von der Haut – und plötzlich ist es dunkel. Man muß schon rechtzeitig nach Westen gucken, um nicht zu verpassen, wenn die Sonne ruckzuck ins Meer stürzt – wie ein Euro in den Automatenschlitz – und dabei kurz die Farbe einer extrem synthetischen Götterspeise annimmt!“

Eben: Ein Neuling! – Das Schweigen würde er noch lernen müssen auf zahl- und ziellosen Wanderungen durch Erlkönig´s Nebelland. Man möchte frei nach Dylan fragen, wieviele Straßen ein Mann gehen muss, bis er lernt, die Klappe zu halten. Erst dann, wenn sein Gang zügig wirkt, aber ohne Hast ist, wenn er wortlos Stunde um Stunde schwarz-braunes Flachland und windgekämte Wäldchen durchstreift, tief in Gedanken versponnen, wird er richtig zur seltsamen „Bruderschaft“ gehören, wird im Grau etwas sehen, das sich nicht mitteilen läßt. Und wenn einer seinen Weg kreuzt – in leicht schratigem Outdoor-Look unterwegs in einen Sonnenuntergang wie ein Tor aus Farben in einer Weltkuppel aus wolkigem Schiefer – dann wird er es bei einem stummen Gruß belassen, einem Blick wie von weit her kommend und einer knappen Geste der Hand.

 

Der Daruma oder die Feuerprobe

22. September 2013 at 13:24

Der Daruma trat wie so viele Prüfungen in Gestalt eines Geschenks in sein Leben.

In einem japanischen Restaurant, dass mit einem Spezialmenü seinen 20ten Geburtstag feierte, waren beim letzten Sake neben der Rechnung auch noch kleine Figürchen auf dem Tablett.
Eine kleine Aufmerksamkeit. Der Kellner übereichte kleine Schriftrollen, auf denen zu lesen war, der arme, rote Kerl, ohne Augen, Arme und Beine sei der Daruma.

Daruma

Das augenlose Monster

Das mit den Augen kann noch was werden. Denn die können Wünsche erfüllen. Dazu muss man erst ein Auge des Daruma ausmalen, während man sich seinen Wunsch im so stark wie möglich vorstellte.

Denn die Puppe, die da auf ein kleines Kissen geklebt war, ist ein Glücksbringer, ein Stehaufmännchen. Egal zu welcher Seite er kippt, er stehe immer wieder auf. Das wurde zwar in diesem Sonderfall durch das untergeklebte Kissen unterbunden, doch seine mächtigste Eigenschaft geht über das Symbolische hinaus.

Ist der Wunsch dann Wirklichkeit geworden, müsse man das 2te Auge ausmalen und den Daruma rituell verbrennen.

Skeptisch schaute er auf die kleine Nippesfigur. So richtig freundlich kam der Daruma nicht rüber. Geschenkt. Wenn er wirklich zaubern kann.

Als Asienfreund war er eh anfällig für Japan-Nippes aller Art. Und einen Wunsch hatte er auch schon. Eher einen Traum.

Er wollte noch einmal ein großes Reise machen, länger als ein normaler Jahresurlaub. Nochmal richtig raus aus der Mühle. Minimum 2 Monate.

Ziemlich unrealistisch als leitender Angestellter, doch nur 1 Jahr später kriegte er von seinem Arbeitgeber die Genehmigung sich über den Jahreswechsel seinen Traum erfüllen zu können. Hut ab, Daruma.

Leider hatte er vergessen sich zu wünschen, dass die Reise auch schön sein sollte. Und so hatte der Daruma darauf aber auch so gar nicht geachtet.

Er wusste schon, dass die Reise Scheiße wird, als das Taxi auf der Fahrt vom Flughafen in die City von Buenos Aires einen Streuner überfährt. Doch es kam noch besser: Kiefervereiterung, Kündigung, Kreditkartenfehler verhindert abheben von Bargeld vom vollen Konto. Egal wie beeindruckend die Tour durch Argentinien, Chile und Brasilien auch war, er hatte Scheiße am Schuh, was im nächtlichen Überfall in Salvador de Bahia gipfelte und dem frühzeitigen Abbruch der Traumreise.

Gut, die Vereinbarungen mit dem missmutigen Glücksbringer waren nicht richtig durchdacht gewesen, aber aber immerhin war er in einem Stück zu Hause angekommen. Pflichtschuldig wurde daher auch das zweite Auge ausgemalt.

An einem Frühlingsnachmittag sollte das Ritual dann sein Ende finden, der Daruma eingeäschert werden, wie es ihm bestimmt war. Doch das erwies sich als ziemlich schwierig. Obwohl von allen vier Ecken des kleinen Kissens, auf das er geklebt war, kleine Zündschnüre vorstanden, brannte da nix. Das Kissen war so was von feuerfest. Genau wie der Daruma selbst. Hielt man das Feuerzeug dran, kokelte er ein wenig. Brennen war nicht.

Der Nachbar, ein Feuerwehrmann, kommt dazu. Die können nicht nur Löschen. Auch beim Abfackeln sind die Brandbekämpfer ganz groß. Sie nehmen den Daruma, stellen ihn in einen Grill, übergießen ihn mit Spiritus. Der brennt dann auch, endlich.

Aber: Nachdem der Spiritus verbrannt ist, steht er immer noch da, ein bisschen verrußt, was ihn noch böser ausschauen lässt, aber ungebrochen. Der Fachmann schüttelt den Kopf: „Den soll man rituell verbrennen?“

Jetzt wird der Daruma in einen kleinen Scheiterhaufen aus Holzkohle in Spiritus gestellt: Bunsenbrenner an, Feuer frei.

Im Höllenfeuer brennt der Daruma zwar immer noch nicht, aber unter Absonderung von mehr schwarzen, stinkenden Qualm als ein Stapel brennender Reifen, schmilzt er ganz langsam dahin. Wie im ersten Indiana Jones, als den Nazis die Züge entgleisen, als sie die Bundeslade öffnen, zerläuft seine kleine Plastik-Fratze langsam in die Kohle.

Doch er hat noch ein weiters Leben. Unter dem unbrennbaren Plastiküberzug steckt noch ein weißer Keramikkern. Nicht nur so ein rundes Ei, nein, eine schon in den Grundzügen ausgearbeitete Figur mit Nase und Augenbrauen, die immer noch den bösen Blick es kleinen Glücksbringers ausstrahlt.

Der Nachbar geht in den Schuppen, holt einen Knüppel und haut dem Daruma auf den weißglühenden Schädel,  dass er in tausend Teile zerspringt.

„So!“

Ab in die Mülltonne.

Auf Wikipedia konnte er später lesen, dass der Daruma eigentlich aus Pappmache hergestellt wird und unten abgerundet ist, wie ein Ei.  Wer brannte auf dem Gartengrill?

Lieblingsbild: Brønnøysund

14. August 2013 at 00:06
Vollmond am Polarkreis

Vollmond am Polarkreis

Brønnøysund

Brønnøysund

 

 

Lieblingsbild: Durchbruch, Tür, Waschbecken – Madeira 2008

9. August 2013 at 14:59
Die Natur findet einen Weg – Madeira 2008

Die Natur findet einen Weg 

Holy Moly

Established 1889

Established 1889

Foltern – aber nur mit Gewissensbissen

3. August 2013 at 12:39

Ich bin jemand der immer „auch“ gerne ferngesehen hat. Aber eins nervt. Im TV ist der Polizeistaat schon da.

Schon als Kind und bis heute hab ich immer die ein oder andere Serie, die ich besonders gerne angucke. Im Moment ist das „Castle“, die Abenteuer um den von Nathan Fillon gespielten Schriftsteller Richard Castle, der mit  seiner Muse der New Yorker Polizisten Kate Beckett, besetzt mit der unglaublich heißen Stana Katic, die verrücktesten Mordfälle. Die Serie mag ich so sehr, dass ich mir bei iTunes einen Staffelpass gekauft habe und so schon vor Ausstrahlung im deutschen TV, in den Genuss komme die englische Version untertitelt zu sehen.

Bis mir unlängst ein Geschichte echt die Laune verhagelte. In der Folge der Staffel , die am Monat auf Sat 1 lief, wird Castles Tochter entführt. In einer Schlüsselszene ist der nette Rick allein mit einen Verletzten, der etwas weiß, es aber nicht preisgibt. Und Castle, der witzige Teddybär foltert. Mit vollem Einverständnis des Polizei-Teams. Natürlich wird taktvoll weggeblendet. Castle ist kein Tarantino-Film.

Castle-Freundin Beckett danach: „Ich wusste nicht, dass das in dir steckt“ Castle: „Wenn meine Liebsten bedroht sind.“ Verständnis auf allen Ebenen. Foltern, na ja, manchmal muss man halt. Nur für die gute Sache. Es ist ein schmutziges Geschäft. Wenn die Bösen nur nicht so böse wären. Die hinterhältigen Schweine zwingen uns GUTE ja dazu.

Diese Botschaft kommt mir seit „24“ einfach ein bisschen zu häufig, um das noch ganz normal zu finden. In Zero Dark Thirty wird mal eben via Hollywood waterboarding legitimiert. Ganz davon ab, das so eine nicht belegte fragwürdigen Geschichte, wie das Ende von Usama Bin Laden via Hollywood Wahrheitssrang erhält. Es war so, ich hab es im Fernsehen gesehen. Welche Kraft das hat, sieht man doch an den Indianern. Da weiß auch mittlerweile jeder, dass der Entdeckung der „neuen Welt“ einer der abscheulichsten Völkermorde der Menschheitsgeschichte folgte. Gesehen haben wir alle, wie grausame, gottlose Rothäute (gespielt von angemalten Weißen) rechtschaffen Häuslebauer ihr kleines Glück missgönnten.

Immer mehr Krimis in denen unverhohlen geworben wird für Überwachungsstaat, Gesetzesübertretungen beim Datenschutz werden grundsätzlich als Petitesse dargestellt auch in deutschen Produktionen. Brutale Verhörmethoden, gehören dazu. Nehmen wird doch nur mal James Bond, wie hart und brutal sind die Filme geworden. Da wirken die Streifen mit Roger Moore  heute doch wie ein Märchen. Der Gott des Gemetzels hält Foltern für die Freiheit offensichtlich für schwer ok. Sicher man hat Gewissensbisse. Aber sonst legitimiert Unterhaltung „zufällig“ genau die Schweinereien die täglich alltäglicher werden. Auch in der Erwachsenenunterhaltung: Folter-Porn aus US-Hochglanzproduktion scheint ein Riesenmarkt zu sein, Waterboarding inklusive.

Das Bewusstsein großer Bevölkerungsgruppen zu manipulieren, nennt man Social Engineering. Obama ist da ganz vorn. Wer mag da nach den jüngsten Enthüllungen noch an Zufälle glauben.

Weitere Folgen von Castle hab ich mir noch nicht angesehen. Da ist mir Spaß irgendwie vergangen. Magnum hätte nie gefoltert. Gut, der war ja auch dazu da, nachträglich das Image des Vietnamkriegs zu verbessern.

The Times they are A-Changin

25. Juli 2013 at 16:13
Mein Großvater (ganz vorn), 1899 geboren, 2 Weltkrieg überlebt, friedlich im Schlaf gestorben. Hier mit seinen Kollegen.

Mein Großvater Hubert (ganz vorn mit Stock und Pfeife), 1899 geboren, zwei Weltkriege überlebt, friedlich im Schlaf gestorben. Hier mit seinen Kollegen.

Der Vater meiner Mutter – Hubert Krüppel – wurde vor 114 Jahren geboren, am 1.8. 1899. Er war ein einfacher Mann, “Hilfsarbeiter” würde man heute sagen, aber konnte alles, sowohl auf dem Bau, als auch malen, musizieren, schustern, nähen. Nur Kochen war nicht sein Ding. Und erzählen konnte er. Als Kind fand ich nichts schöner als auf seinem Schoß zu sitzen und mir, was Oma “Räuberpistölchen” nannte, anzuhören. Obwohl ein unglaublicher Skatspieler spielte er nie um Geld. Noch mit über 70 konnte er 10 einarmige Klimmzüge. Pfaffen und Politiker hielt er für Verbrecher. Mit 16 fuhr ich das erste Mal allein auf Tramptour nach England. Um mich von ihm zu verabschieden, überredete ich unsere Nachbarin, mich kurz zu ihm zu fahren. Da kletterte ich durch das Stubenfenster, um ihn zu überraschen. Und er hat sich so gefreut. Wir haben uns innig umarmt, er war neugierig, was ich wohl aus England erzählen würde, wo er ja lange als Kriegsgefangener interniert war. Ein dicker Abschiedskuss. Es war unser “letztes Mal”. Als ich 3 Wochen später aus England zurückkam, war er bereits beerdigt. (Für die Nachgeborenen: Es war 1973, es gab noch kein Handy und sonst keine Möglichkeit für meine Eltern mich zu erreichen.) Im Schlaf gestorben, mit 74 Jahren. Für einen Teilnehmer beider “Weltkriege” ein ungewöhnlich sanfter letzter Gang. Unsere letzte Begegnung hat einen Ehrenplatz in meinem Herzen und ich bin immer noch glücklich, dass es sie gab. Am Grab bin ich nur einmal gewesen. Da war er nicht. Er ist in meinem Herzen.

Ein Land, zwei Systeme

4. Juli 2013 at 18:43

Büro, Sommer:

Eine Mitarbeiterin, kurzer Rock, trotz deutlicher Beinbehaarung, betritt den Raum.

Eine Kollegin: „Du, die Beine kann man sich im Sommer auch mal rasieren. Geht ganz einfach!“

„Ach, meinste?“

Sie geht ins Nebenzimmer, fragt genau die Kollegin, die Selbstgedrehte raucht und auch im Sommer nur Hosen trägt:

„Und? Rasierst du dir die Beine?“

„Bin ich ein Schaf?“